Annabella

Annabella ist eine Klapprad-Dame aus den 70er Jahren. Ein Rad mit Herkunft der Marke “Gold-Rad” aus dem Kölner Unternehmen “Goldberg” und seit dieser Woche eine hoffentlich treue Begleiterin, an meiner Seite.

Als ich am ersten warmen Frühlingstag die “mit dem Rad zur Arbeit-Saison” eingeläutet habe, nahm es mein Freilauf wörtlich und nahm frei Lauf. Allerdings ohne es mir mitzuteilen. Aber ich war dann bestens im Bilde, als ich mir bei der Anfahrt einer roten Ampel in Rüttenscheid fast die Beine ausgerissen habe, weil meine Füße plötzlich in den Pedalen eines Fixies steckten.

Nun wird es operiert und ist ne Weile in Reparatur. Am Folgetag fuhr mich dann mein neuer gebrauchter Crosser zur Arbeit. Aber trotz zwei Schlössern, gar kein gutes Gefühl am Schreibtisch. Mir fiel Flo ein, der vor einigen Wochen ein Klapprad bei Ebay (zu einem Spottpreis) geschossen hatte. Ich schaute (eigentlich ohne große Kaufambitionen) bei Ebay-Kleinanzeigen nach fahrtauglichem Schrott, den keiner klauen will und mich dennoch “sicher” zur Arbeit bringt. Und es kam was kommen musste: Ich fand Annabella. Oder sie mich?

Der Verkäufer aus Dahlhausen – quasi ein Nachbar – war schnell kontaktiert und noch am gleichen Abend stand Annabella dann in meinem Wohnzimmer. Mit ihrem leichten Flugrost und den spröden Reifen, habe ich mich gleich in ihren grasgrünen originalen Charakter verliebt!

Am Morgen dann die erste Fahrt zur Arbeit. Ich war etwas entsetzt. Ich habe mal eben doppelt so lang gebraucht (also eine ganze Stunde), aber ich habe es genossen. Jede Pedalumdrehung. Man ist gezwungener Maßen, in einem moderaten Tempo unterwegs, weil es schlichtweg nicht schneller geht, und das gibt einem irgendwie ein entspanntes Gefühl. Man kann einfach nicht schneller. Da kann man sich noch so stressen. Man muss halt mehr Zeit einplanen.

Zwischendurch kam ich mir auch etwas bescheuert vor. Die Sitzposition ist schon sehr ulkig. So ulkig, dass ich den ganzen Weg mit einem aufrechten Dauergrinsen fuhr und vor lauter Freude die Klingel auch mal “einfach nur so” betätigte. :D
Der Dynamo surrte am Vorderrad und das orange-gelbe Frontlicht wimmerte vor sich hin. Mit der Rücktrittbremse fühlte ich mich wie auf meinem ersten Kinderrad. Und mir fiel sogar wieder ein, wie es aussah!

Die Luft war warm, und morgens um sechs ist es noch so zauberhaft ruhig. In der Innenstadt habe ich einen Boxenstopp im McCafé gemacht und einen weiteren am Grillo-Theater. Ich wollte ein Foto von Annabella für die Facebookgemeinde und diesen Blog. Das Grillotheater schien mir als ein sehr würdiger Hintergrund. Nicht zu riesig, aber trotzdem mächtig viel Theater! <3

Irgendwann kam ich dann auch auf der Arbeit an. Das Schloss klackte ein. Beim Reingehen drehte ich mich noch mal um: “Ich freue mich auf die Heimfahrt”.

 

 Zum Kölner Unternehmen:
Der Polsterer Benjamin Goldberg gründete die Fahrrad-Fabrik bereits 1892. 1910 zog das Unternehmen von Siegen nach Kölle und da blieb es schließlich auch. Goldbergs Interesse galt den Fahrrädern und so überstand das Unternehmen nicht nur den Ersten Weltkrieg, sondern auch die Weltwirtschaftskrise. Als billige Transportmittel und durch die Benzinknappheit, waren Fahrräder sehr gefragt, doch leider war nicht nur Benzin, sondern auch die Knete knapp. Goldberg aber wusste der radelnden Bevölkerung zu helfen und errichtete ein System, welches eine monatliche Ratenzahlung ermöglichte.

In den 30er Jahren gab es den ersten Rennstall und 1936 holte Toni Merkens olympisches Gold im Sprint, mit einem eigens für ihn gebautem “Gold-Rad”. Was für ne Werbung!

Im Zweiten Weltkrieg wurde dann fast alles zerbombt. Was zu retten war, wurde nach Bergisch Gladbach gerettet. Der Firmenvater starb. Aber er hatte auch hier vorgesorgt und so starteten 1950 seine beiden Söhne, eine neue Produktion von Kinderfahrzeugen und Fahrrädern in Köln-Riehl. 1998 wurde das Rad an den Nagel gehangen.

Kommentare (20) Schreibe einen Kommentar

  1. Hey Marc, das ist leider kein Tacho, sondern so eine kleine Gummileuchte. Ich war etwas unsicher ob mich die Lampen/Dynamo-Kontruktion, na so vielen Jahren nicht evtl. im Stich lässt … hat sie aber nicht! :-) Funktioniert alles tiptop! :-)

  2. na das knog Lämpchen an deinem Rad meinte ich ja auch nicht, sondern das bei Ebay Kleinanzeigen und da ist ein Tacho dran ;o)

  3. Danke für die Erklärung von dem Messenger Bag. Ich seh grad 139 Euro, das ist bezahlbar wenn ich mir die Preise für einen Evoc Rucksack anschaue :-)

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  7. Nein, wie hübsch. *_* Ich kommentiere etwas spät, aber ich habe den Post erst heute zufällig gefunden. (Und jetzt etwas neu auf der “Will haben”-Liste. Grmpf.)
    Ich wünsche euch eine lange gemeinsame Zeit. :-)

  8. Hey Alexandra – für sonen Artikel ist’s niemals zu spät!!! Ich hoffe, dass du deine “Will-haben-Liste” bald abhaken kannst und dann durch die Weltgeschichte klappradelst!
    Viele fröhliche Grüße und alles Gute! Jule :-)

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  10. Hallo Jule
    Find ich toll deine Begeisterung für die Annabella. UNS hat es im Italien Urlaub dieses Jahr auch erwischt. MEINE Tochter Anna kaufte sich eine in Italien.
    Kann man Photos hier einstellen?
    Gruesse Gerd

  11. Hey Gerd! Ich habe deine Fotos bekommen! Da geht mir das Herz auf :-D
    Sieht toll aus die rote Annabella! Und mit leuchtenden Kinderaugen, wohl unschlagbar!
    Viel Freude mit der schönsten Klappraddrahteselin :-)

  12. Hallo, suche für mein Annabella Klapprad Linkes Tretlager Verschlußring ( schraube) Lg. Dieter Tel. 015772659723

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