5 Stunden von Duisburg

UUUÄÄÄH! Irgendwie ist das nix für mich. Die Wechselbelastung zwischen Standby und Vollepulle und die unrhythmische Strecke liegen mir einfach nicht. Und meinen Beinen auch nicht. Und wie soll man sich überhaupt erholen in den Rundenpausen, wenn man auch noch hier und da quatschen mag, Freunde und Teams besuchen und anfeuern möchte? Lieber einmal Schmerz am Stück, als immer wieder in lecker kleinen Häppchen. Ich esse meinen Teller ja auch immer an einem Stück leer! Wie, häää? Der Vergleich ist super! Das kann ich auch im Renntempo :D

Das 24h Rennen im Landschaftspark ist jedenfalls ne super Selbstgeißelung und noch mal eine ganz fiese Art der Quäl-Perversionen im Zweiradsport! Aber leider nun mal nicht meine :D. Wenn ich diese Erkenntnisse im 4er und 8er Team gesammelt habe, will ich nicht mal ansatzweise wissen, wie es sich im 2er Team oder als Solofahrer anfühlen muss. Irre!

Monte-Pain-Schlacko tut schon nach dem zweiten Mal höllisch weh (alle, die was anderes behaupten, lügen oder bummeln auf dem Rest der Strecke :P!) :D und die Nacht ist nun mal zum Schlafen da. Außerdem sehe ich nix im Dunkeln! Nein – auch nicht mit Licht :D
Der Magen muss so viel Iso- und Riegelzeugs verarbeiten, dass man vor lauter Chemie, in der Nacht eigenständig leuchten müsste – tut man aber nicht. Stattdessen bekommt man Bauchweh und will zu Mama auf den Arm, ne Wärmflasche, Kindercola und Salzstangen. Dann muss man entweder nur aufs Klo oder eben gar nicht mehr. Irgendwann tut alles weh. Und wenn’s soweit ist, muss man für gewöhnlich nur noch ca. 12-14 Stunden ran. :D

Dagegen steht aber nun mal auch ein hammergeiles Erlebnis. Teamsport, Kampfgeist, Ehrgeiz – verpackt im gold-glänzenden Spaßpapier. Zumindest bis zu einer bestimmten Uhrzeit und dann wieder ab Sonnenaufgang :D. Ganze Dramen spielen sich in Fahrerlagern, auf der Piste und in der Wechselzone ab – da muss man wirklich mal dabei gewesen sein! Es ist spannend sich mit anderen Teams, Runde um Runde zu unterbieten und um Plätze und Minuten zu kämpfen. Das Ganze in einer wahnsinnigen Kulisse, mit vielen Zuschauern, die einen nicht nur am Monte Schlacko rhythmisch die Piste entlang peitschen.
Teil eines gut funktionierenden Teams zu sein, ist eine fantastische Erfahrung und das Gefühl, gemeinsam um ein paar Plätze zu kämpfen oder „einfach nur“ 24h lang durchzuhalten ist wirklich fantastisch. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, ob man „vorne“ mitfährt oder einfach „dabei“ ist. Marathons sind dagegen egomanische Einzelzeitfahren.

Auch die ausgeprägte Infrastruktur in den Fahrerlagern ist bemerkenswert. 2008 waren wir mit unserer Radsport-Rauer-Fahrerlagercity mit Massagesalon, Sterne-Küche (mit 3 verschiedenen Gerichten und eigenem Koch) und Racebüro (mit Laptop und UMTS-Karte) top ausgestattet – heute ist es Standard – bis auf UMTS, das ist natürlich überholt :D Jeder hat ein smartes Phone! Aber 2008 ist ja jetzt auch schon 5 Jahre her o_O!!

Die Organisation ist bemerkenswert organisiert! Logistisch haben „Dirigent Stephan Salscheider zu Segway“ und sein Orchester jedenfalls mehr als fünf Sterne verdient. Alle Teams haben innerhalb kürzester Zeit einen Platz, Strom und beste Laune! Wir reden hier immerhin von 2200 Fahrern und noch mal ca. 800 Menschen Betreuungspersonal der Teams – Gäste nicht eingeschlossen! Landschaftsmenschenpark Duisburg Nord!

Das Drumherum ist einfach Wahnsinn und wenn man nicht ständig im Stress und auf dem Weg zum nächsten Renn-Einsatz ist, kann man die tolle Atmosphäre, die vielen charmanten Menschen und das begeisternde Ambiente auch richtig genießen. Ich finde es auch toll, mich mal ohne eigenen Rennstress auszutauschen oder Facebookfreunde, live und in Farbe zu treffen, zu reden und kennenzulernen.

Die Erfahrungen habe ich drei Mal gemacht und bin schon im letzten Jahr zu dem Entschluss gekommen, dass die Teilnahme am 24h-Rennen einfach total hammer ist – wenn man nicht selbst mitfährt :D

Aber der ausschlaggebendste Grund dafür ist eher meine Birne und mein Teamplayerherz und die Erfahrung aus den drei Teilnahmen im 4er und in den 8er Teams. Meine Leistungen waren da bisher nicht so dolle. Ich finde es gibt nichts schlimmeres, Teil eines Teams zu sein und dann zu „versagen“ und vielleicht das Teamziel zu versauen – ist bisher nicht passiert, aber stetig schlechter werdende Rundenzeiten und Ausfälle wegen Magenproblemen sind ja keine guten Indikatoren und dann ist’s vielleicht besser, nicht zu fahren – habe ich für mich beschlossen und mich schon im letzten Jahr erfolgreich drücken können :-)
Dafür konnte ich ein paar fahrwillige Fahrer und Fahrerinnen ohne Teams und Startplatz in Teams mit fehlenden Fahrern und Fahrerinnen vermitteln und habe mich aufs verkuppeln konzentriert – auch in diesem Jahr. Dass ich mich am Ende selbst verkuppeln würde, hatte ich eigentlich nicht geplant.

So konnte ich am Samstag beim Stand-Aufbau unseres Gelbe Seiten Firmenteams helfen, Fotos machen, Leute treffen, an der Strecke jubeln und den Tag genießen, viele Teams besuchen und mich beim RSC Niederrhein Lager überzeugen lassen, dass es mittendrin doch schöner ist, als nur dabei zu sein :D.

Das 8er-Mix-Team (bestehend aus Daniel Kühn aus Duisburg, Miriam Leuker und Klaus Meyer aus Kleve, Rebecca und Marco Sprafke, Julia Loomann und Stefan Meiners aus Voerde) hatte Personalmangel und war nur zu siebt und ab den Abendstunden nur noch zu sechst (davon zwei Frauen), unterwegs. Rebecca hütete ab den Abendstunden, bis zum Morgengrauen Nachwuchssportler Fabian und Organisator und Teamleader Michael Schroer hatte sich wenige Tage vorm Rennen noch mal ordentlich abgelegt, dass es ihm unmöglich war an den Start zu gehen. Er hatte es sich aber nicht nehmen lassen dabei, statt mittendrin zu sein. Wir tauschten also die „mittendrin-dabei-Rollen“ und ich stand am Sonntag früh ab 7h für das Team parat. Das Renncomeback nach Tossymist im Dunklen zu starten, war mir nicht geheuer. Das Ummelden lief problemlos und war auch nur möglich, weil der Transponder ja noch unbenutzt war und ein Fahrer komplett fehlte.
Unsicher war ich auch, ob es schlau war zu helfen, weil ich nach der Schulterverletzung kaum Spitzenbelastungen hatte – also eigentlich keine, wenig Training und eigentlich auch noch kein grünes Wettkampflicht. Ob ich da überhaupt eine Hilfe sein würde, hatte ich wirklich bezweifelt. Ich hatte bammel, Versagerangst und auch ein bisschen Schiss wegen der Schulter und vor den ersten zwei Runden war mir schlecht vor Aufregung. Ich wurde aber total herzlich und fröhlich aufgenommen und das war so klasse, dass ich mich gleich pudelwohl fühlte. Da springt man doch gern in die „Schlacke“! Ein bisschen Panik hab ich da schon mal verloren. Die Jungs und Mädels hatten bisher super gekämpft und nun ging es ums Treppchen – ich wollte das unter keinen Umständen versauen! Panik!

Um 7.20h stand ich in der Wechselzone um Julia abzulösen. Es staubte wie in einer Backstube. Die Uhrzeit stimmte auch, aber der Geruch von frischen Brötchen fehlte. Dafür gab’s schöne dreckige Mountainbiker mit knackigen Brötchen ;-). Die meisten hatten schon 19 harte Stunden in den Knochen. Es war nicht schwer in den Gesichtern zu lesen – da hatte ich als ausgeruhter, sauberer Renneinsteiger ein schlechtes Gewissen. Lange Zeit zum lesen hatte ich aber nicht – Julia stand rasch vor mir und schickte mich auf die Piste. Ich muss dringend das Auf- und Absteigen an diesen verkackten Holzbaken, an der Wechselzone üben!

Dem sauberen und ausgeruhten Zustand machte ich dann schnell ein Ende. Nach der ersten Abfahrt, mit den lustigen kleinen Sprunghubbeln, habe ich mir das Kiesbett erst mal etwas näher angeschaut und sorgte für die passende Staubgarderobe. Nach den drei folgenden, langen Geraden war es dann auch um den ausgeruhten Zustand geschehen :D! Gott sei dank – Stau an der Treppe :P
Die erste Runde war also schon mal murks. Da ich aber Zweierturns fahren sollte und wollte, hatte ich die Chance, die erste Runde wieder gut zu machen.

Und ich war sooo froh, als ich im Fahrerlager meine Zeiten erfuhr. 20:58 und 18:56 :-) Damit war ich nicht langsam unterwegs und meine Nerven waren beruhigt :-) – für ne knappe Stunde – dann stand ich wieder zwischen den Brötchen :D Die Zeiten blieben auch im nächsten Einsatz unter 20 Minuten. Ich hab mich gefreut wie ein kleines Kind.

Am Ende wurde es dann noch mal richtig spannend. Der zweite Platz war nicht weit weg, aber dann fehlten uns leider doch wenige Minuten, um die zusätzliche und fehlende Runde zu fahren. Daniel sollte um kurz vor knapp auf die letzte Runde gehen. Als vorletzte Fahrerin fuhr ich daher nur noch eine Runde, statt zwei und löste auf Daniel für die Zielrunde ab. Der dritte Platz gehörte aber dem RSC Niederrhein! Übrigens mit einer fifty/fifty Besetzung! Vier Frauen gab’s sonst nur noch bei dem Matschhühner-Mixteam – sonst nur den Pflichtanteil von drei Frauen!

Ihr habt super gekämpft und habt ein tolles Team-Rennen gefahren! Herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz und zu dem tollen Verein! Und natürlich vielen Dank für den tollen Sonntag. Ich fand ich es spitze bei und mit euch!

Ich finde es aber nach wie vor toll, nicht zu fahren, darum fahre ich nächstes Jahr wieder nicht mit! :D

Morgen gibt endlich wieder Schmerzen am Stück! in NordenAU! :D

Pressemitteilung RP-Online
Bericht von Stefan
Ergebnisse
Webseite 24h Rennen

Fotos:

Knapp 5700 Bilder von “skaster” aud dem MTB-Forum

12:00-13:25 Teil1

12:00-13:25 Teil2

12:00-13:25 Teil3

20:30-21:30 Teil1

20:30-21:30 Teil2

20:30-21:30 Teil3

Ein Album von flatbogart auf Pixum

Kommentare (6) Schreibe einen Kommentar

  1. Hallo Jule,
    wirklich toller Bericht, bis auf….
    “Ihr habt super gekämpft und habt ein tolles Team-Rennen gefahren! Herzlichen Glückwunsch zum dritten Platz und zu dem tollen Verein! ”

    Nicht IHR, sondern WIR. Du warst Teil des Teams und hast wesentlich zum Erfolg beigetragen und dafür sind Dir alle dankbar. Auch für Deine gute Laune Sonntag morgen, als wir alle ja schon ordentlich zu knabbern hatten.

    Und ich fänd es super, wenn Du nächstes Jahr bei uns wieder nicht mitfahren würdest – musst dem Michael nur schnell schreiben, dass Du nicht mitmöchtest, der weiss auch schon, dass Julia und ich im nächsten Jahr auf keinen Fall wieder fahren wollen ;-)

  2. wieder ein ganz toller bericht und morgens in der wechselzone habe ich dich also dann doch kurz gesehen als du an mir vorbei gelaufen bist. :-) immerhin schon mal gesehen und glückwunsch an euer team. :-)

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